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Das Leben der Belmanara Torges

Belmanara Torges war die Gründerin der Priesterschaft der Bruderschaft des Ankalor. Sie wurde von der "Versammlung der Einigkeit" dazu bestimmt, Hohepriesterin des Ankalor zu sein und seinen Glauben nach dem großen Krieg wieder zu den Menschen Ban Laraschs zu tragen. Aus Geschichten, Erzählungen und Tagebüchern war es später möglich, das Leben der Belmanara Torges zu rekonstruieren.

Es war im Jahre 35 vor der Einigung, als in einem kleinen Dorf in der Nähe der Feste Elim Manara Torges geboren wurde. Sie wuchs bei ihren Eltern auf und wurde, was zu der Zeit äußerst selten war, noch streng im Glauben an Ankalor erzogen. Doch gerade deshalb waren sie und ihre Familie von den Dorfbewohnern verachtet und ausgestoßen. Sie waren arme Leute und lebten von dem, was ihr Land hergab und das bot nie eine besonders reiche Ernte. Die Leute aus dem Dorf waren ihnen so abgeneigt, daß sich die Händler sogar weigerten, mit ihnen Geschäfte zu machen.

Als das Leben der Manara in den zwölften Winter einschritt, traf es ihre Familie besonders hart. Der Winter war streng und kalt und es schien, als wolle er niemals zu Ende gehen. Bald waren die Vorräte aufgezehrt und die Familie hatte Hunger zu leiden. Ihnen blieben nur noch die Gebete, aber auch die konnten ihren Hunger bald nicht mehr besiegen.

Eines Nachts erwachte Manara aus ihrem eh leichten Schlaf. Der eiskalte Wind heulte ums Haus, drang durch jede Ritze zu ihr ins Zimmer hinein. Sollte das denn alles gewesen sein? Würden sie wohl sterben, weil die Lehren, die ihr Vater ihr immer wieder eingeschärft hatte, leere Worte gewesen sein? Vielleicht hatte Ankalor die Gebete ihrer Familie nur nicht wahrgenommen, weil er mit anderen Dingen zu sehr beschäftigt gewesen war. So beschloß Manara hinaus zu gehen, hinauf in die Hügel, wo es sonst still war. Dort wollte sie es versuchen, ob Ankalor sie in dieser stillen Umgebung nicht doch noch wahrnehmen würde.

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Sie verließ das Haus, zog sich ihren alten löchrigen Umhang fester um den Körper, denn sie fror entsetzlich. In ihrer Verzweiflung, aber immer noch fest im Glauben an den roten Drachen des Feuers schritt sie aus, hinauf in die Hügel, wo später einmal das "Auge Ankalors", der Hauptsitz des neuen Ankalorglaubens, erbaut werden sollte.

Als sie nach langem und mühsamen Weg endlich auf der Spitze des Berges angekommen war, entzündete sie nach einem alten Ritual, das ihr Vater ihr häufig gezeigt hatte, ein Feuer. Stunde und Stunde verging, in denen sie in Gebete versunken Ankalor bat, seine Augen für sie und ihre Familie zu öffnen, auf daß sie nicht elendig verhungern müssen. Zwei lange kalte Tage betete sie zu Ankalor, der so weit entfernt zu sein schien, bis der sie

endlich erhörte. Er schaute hinab zu dem kleinen jungen Mädchen, daß alleine und frierend, dem Hungertode nahe, auf der Spitze des Berges saß und für ihre Familie zu ihm betete. So verband er seine Gedanken mit denen seiner Tochter Farina und hieß, sie dem Mädchen zu helfen, denn es glaubten doch nur noch wenige an seine Lehren und die wenigen, die es taten, sollten nicht gestraft werden. Der Glaube an die Drachen durfte nicht einfach aussterben.

Farina erhob sich von des Klippen des Drachenfels und schwang sich hinunter in die Ebene des Landes, wo der kleine Berg lag, auf dem das Mädchen hockte. Sie ließ sich leise auf einem Felsvorsprung ihr gegenüber nieder und betrachtete sie eindringlich in ihrem Tun. Doch Manara nahm sie nicht mehr wahr, so ausgezehrt war ihr Körper, so nahe war sie schon dem Tod. Sie handelte nur noch wie in Trance. So spie Farina ihr Feuer aus, daß den Körper des Mädchens umhüllte. Doch es verbrannte sie nicht. Es gab ihr Leben und neue Kraft und schließlich gelangte sie zu vollem und klarem Bewußtsein. Als Manara des Drachen gewahr wurden, verbarg sie ihr Gesicht ehrfürchtig tief im Schnee und sprach mit zittriger Stimme:

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" Oh goldener Drache, Bote Ankalors. Meine Augen sind deines Anblickes nicht würdig. Ich bin nicht einmal Novizin. Aber mein Glaube an Ankalor ist rein und stark. Für ihn würde ich alles geben. Bitte laßt meine Familie nicht zu Grunde gehen, das haben sie nicht verdient. Sie haben mich von Anfang an streng nach Ankalors Worten erzogen, niemals haben sie an ihm gezweifelt. Laß sie nicht verhungern. Nimm mein Leben als Opfer, wenn du es wünscht."

Doch Farina schaute mit freundliche Augen auf sie herab und sandte ihr tröstende Gefühle und Liebe. Das Ziel ihres Vaters war ein anderes und so sprach Farina zu Manara:

"Nein Manara, nicht dein Leben will ich fordern. Du sollst nur eine Bitte meines Vaters erfüllen. Geh hin in die große Feste Elim, wenn du dazu bereit bist, suche die Tore des längst vergessenen Ankalortempels und öffne sie wieder. Nimm mit dir das Feuer, das zu deinen Füßen brennt, denn es ist seine heilige Flamme. Entzünde erneut die Feuer im Tempel und lehre die Menschen wieder die Worte Ankalors.

Deine Familie soll niemals wieder Not leiden, sobald du das Feuer nach Hause getragen und die Flamme im Schrein deines Vaters neu entzündet hast. Nun erhebe dich, denn du sollst meines Vaters Priesterin sein und nicht vor seinen Kindern dein Haupt senken und in Ehrfurcht erstarren."

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Manara erhob ihr Gesicht aus dem Schnee und blickte den goldenen Drachen an, so groß und so schön war sie, von unglaublicher Reinheit. Und als sie sich jetzt mit ihrer majestätischen Eleganz in die Lüfte erhob, brannte sich diese Bild in ihre Erinnerungen ein, auf daß sie es niemals mehr vergessen konnte.

Manara nahm das Feuer, daß zu ihren Füßen brannte, mit bloßen Händen auf. Auch dieses Feuer verbrannte sie nicht, es ging auf in ihrem Körper, verband sich mit ihrer Seele und sie wurden eins.

Frohen Mutes, gestärkt ohne zu Essen von der Kraft Farinas und gewärmt von dem heiligen Feuer des Ankalor, daß sie nun in sich trug, machte sie sich auf den Weg zurück zum Haus ihre Eltern. Als sie Zuhause ankam, weinten ihre Eltern vor Glück, hatten sie doch ihre Tochter schon tot geglaubt.

Doch als sie nun gleich zum Schrein ihres Vaters schritt und die kleine Flamme in seinem Inneren zum Erlöschen brachte, stürzte ihr Vater mit vor Schreck aufgerissenen Augen wutentbrannt auf seine Tochter zu und wollte sie für ihre frevlerische Tat strafen. Mit fast erstickender Stimme schrie er:

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"Wie kannst du es wagen das Feuer zu löschen, wo doch die Flamme des Ankalor ewig brennen soll, wie im Schrein, so auch in deinem Herzen. Wo warst du, daß du all die wichtigen Dinge vergessen hast. Willst du zu allem Übel auch noch den Zorn des Drachen auf uns ziehen? Hat unsere Familie denn nicht schon genug Leid zu ertragen?"

Doch bevor Manaras Vater sie erreicht hatte, unterbrach sie ihn:

"Warte Vater, nicht Frevel ist es, den ich hier begehe. Ich habe auf dem Berg zu Ankalor gebetet und er hat mich angehört. Mein Glaube an ihn ist nicht gebrochen. Er sandte mir seine Tochter, Farina. Farina ist das schönste Geschöpf dieser Welt. Golden in der Farbe und auch golden in ihrem Herzen. Ihren Anblick werde ich niemals vergessen. Und sie gab mir ein Geschenk ihres Vaters Ankalor. In mir ist die wirkliche ewige Flamme des roten Drachen. Sie wird uns helfen in unserer Not, so versprach es mir Farina."

Ihr Vater starrte sie ungläubig an und sie wandte sich wieder dem Schrein zu. Sie öffnete ihre Hand und aus ihr heraus brach eine kleine Flamme, die zum Schrein übersprang und ihn in neuem Glanz erstrahlen ließ. Von dem Schrein stieg eine Wärme auf, wie sie sonst nur der Frühling brachte und der Schnee um das Haus wich zurück. Die Erde brach auf und die Pflanzen, die unter dem dichten Schneemantel schon beinahe abgestorben waren, erwachten zu neuem Leben. Binnen einer Stunde war dort, wo vorher nur Eis und Schnee den Boden bedeckt hatten, reifes Korn und Gemüse. Die Familie war gerettet und frei von Sorgen und Hunger konnten sie nun auch den Winter überstehen. Nie wieder sollte es ihnen schlecht ergehen. Voller Glück und Dankbarkeit beteten sie zu Ankalor, immer wieder dankten sie ihm und auch Farina schlossen sie fortan in ihre Gebete mit ein. Zukünftig wurde das Mädchen Belmanara gerufen, denn sie trug nun die Macht der Magie, die Flamme des Ankalor in sich.

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Als Belmanara ihren sechzehnten Frühling feierte, entsann sie sich ihres Versprechens und entschied, daß sie nun alt genug war, dieses einzulösen. Abends, beim gemeinsamen Essen sprach sie zu ihren Eltern:

"Seht, alles ist gut geworden, wie Ankalor und Farina es versprachen. Nun muß ich euch verlassen, denn damals, als Farina mir das Feuer brachte, habe ich ihr versprochen, den alten Tempel in der Feste Elim wieder zu neuem Leben erwachen zu lassen. Jetzt ist die Zeit gekommen, da ich mein Teil der Abmachung erfüllen werde. Ich bin alt genug, in dieser schweren Aufgabe zu bestehen."

Stolz hatte die Eltern Belmanara verabschiedet und ihr die besten Wünsche mit auf den Weg gegeben. Sie waren zuversichtlich, daß ihre Tochter ihre Aufgabe mit Bravour erfüllen würde, zu Ehren des Feuers Ankalors. Das Mädchen erreichte die Feste Elim nach hartem Marsch ein paar Tage später. Noch nie in ihrem Leben hatte sie diese Stadt betreten. Sie fragte jeden, den sie sah, nach dem alten Tempel, doch konnte ihr niemand den Weg sagen. Manche fragten sogar, wer denn dieser Ankalor sei, nach dessen Tempel sie suchte. Von diesem Gott hätten sie noch nie gehört. So zog sie traurig durch die Gassen und Straßen, in der Hoffnung den Tempel dort selbst zu finden.

Am Abend des zweiten Tages, als Belmanara gerade eine Stärkung bei einem der Händler erstanden hatte, sah sie plötzlich hinter dessen Stand ein seltsames Funkeln. Sie trat hinter den Stand, um zu sehen was sich da merkwürdiges tat, und entdeckte, das der Händler mit seinem Stand ein Gebäude verdeckte, an dessen Tür das Zeichen des Ankalor prangte. Das Mädchen trat näher heran und mußte feststellen, daß die Türen und Fenster zugezimmert worden waren. Als einziger Schmuck zierten Spinnweben die Wände. Unter lautem Quietschen öffnete Belmanara die Tür zum Tempel und trat andächtig in die heiligen Hallen, die einen trostlosen, verstaubten und düsteren Eindruck erweckten. Sie schritt zum Altar. Der Schrein in dessen Mitte war kalt, lange schon hatte hier kein Feuer mehr gebrannt. Belmanara hob die Hand, wie einst in ihres Vaters Haus und wieder erwachte die Flamme Ankalors. Diese sprang von ihrer Hand über zum Schrein. Neues Licht und Wärme ergoß sich aus dem Schrein in die riesigen Hallen des Tempels, als Belmanara die rituellen Worte sprach, um die neue Weihe des Tempelschreins zu vollführen. Während sie die Worte sprach entzündeten sich, wie von Geisterhand, die Fackel an den Wänden, welche den Tempel wohl mit Glanz erfüllt hätten, wäre nicht alles mit dickem Staub bedeckt gewesen.

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Der verblüffte Händler war hinter Belmanara in den alten Tempel eingetreten und hatte sich nun, als er sah, was geschah, zu Boden geworfen. Jona Fenderen sprach mit gebrochener Stimme zu dem jungen Mädchen, welches das heilige Feuer Ankalors wieder in den Tempel zurückgebracht hatte:

"Oh Kind des Feuers! Ein Gebet kenne ich leider nicht, doch hoffe ich, daß meine Worte dich auch so erreichen. Meinen Stand habe ich vor deinem Haus errichtet, nicht wissend, was ich tat. Bitte verzeih mir, wenn ich heiligen Boden entweiht habe. Ich werde sofort hinauseilen, meinen Handelstisch zu entfernen. Er soll nicht länger deinen Tempel verdecken und verschandeln."

Belmanara schaute Jona mit freundlichen Augen an, wie einst Farina sie angeschaut hatte. Mit Wärme und Wohlwollen in der Stimme sprach sie zu ihm:

"Ehrenwerter Händler, fürchte dich nicht vor mir! Ich bin nur ein Bote, der die Flamme in den Tempel zurückbrachte. Und Ankalor wird dich für dein Tun nicht bestrafen. Warte damit, den Stand abzubauen. Keiner soll den Tempel in diesem Zustand erblicken, verfallen und verstaubt. Wenn das Volk den Tempel neu entdeckt, so soll er erstrahlen, wie die goldenen Schuppen Farinas, Ankalors Tochter, die mich auf den rechten Weg führte."

Der Händler wollte bleiben und Belmanara helfen, den Tempel wieder aufzubauen. So waren sie zu zweit. Sie säuberten die Hallen von Schmutz, Staub und Spinnweben. Sie polierten alles Metall und der Geldbeutel des Händlers, der zuvor noch prall gefüllt war, war leer, nachdem sie den Schrein und noch einiges anderes, als Dank an Farina mit Gold überzogen hatte. Nachdem sie die Arbeit beendet hatten, bauten sie des Nachts den Stand des Händlers ab. Am nächsten Morgen wunderte sich das Volk der Feste Elim nicht schlecht über den neuen Tempel, der da über Nacht entstanden war. Viele Neugierige kamen in den ersten Tagen sogar herein, doch nur die wenigsten blieben zunächst, um den Worten Belmanaras zu lauschen.

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Jona Fenderen war voller Verzweiflung, als er sah, wie wenige Menschen blieben, um sich Ankalors Lehren näher bringen zu lassen, doch Belmanara war voller Zuversicht, daß die Zeit mehr Menschen zurückkehren lassen würde. Außerdem wären eine Handvoll immer noch besser als keiner.

Als Großfürst Ranjier von Hastar, Herr über die Feste Elim, von dem Tempel hörte, schickte er den Befehlshaber der Garde zu Belmanara Torges, um diese zu sich bringen zu lassen. Sie begleitete den Obergardisten willig zu dem Burgherren, doch anstatt mit freundlichen Worten empfangen zu werden, erklärte Großfürst von Hastar ihr nur, daß ihr Tempel als Gewerbe anzusehen sei und daß sie daher künftig jeden Zehnt ihrer Einnahmen und Spenden an ihn zu entrichten habe. Außerdem drohte er ihr bei Strafe an, ja niemanden des Fürstenhauses oder der Garde mit ihrem religiösen Geschwätz zu belästigen. So wurde Belmanara wieder vor die Tür gesetzt, ohne auch nur die geringste Möglichkeit gehabt zu haben, Einspruch zu erheben oder klärende Worte anzubringen.

Die Jahre vergingen. Langsam hielt der Glaube an die Lehren des Ankalor wieder Einzug in Elim. Es mögen wohl an die 250 Menschen gewesen sein, die an der letzten Predigt vor dem großen Krieg teilgenommen hatten. Belmanara hatte getreu jeden Zehnt an den Großfürsten entrichtet, doch es heißt. daß er nicht glücklich wurde mit diesem Geld. Kaufte er sich Wein für dieses Geld, so wurde er sauer. Ließ er sich einen neuen Thron davon herstellen, so brannte dieser schon des nächsten Tages nieder, ohne daß auch nur die kleinste Flamme in dessen Nähe gewesen sein soll.

Der Tag der Finsternis kam. Die Feste Elim wurde bald belagert, in ganz Ban Larasch war über Nacht Krieg ausgebrochen. Als ein Drache mit einem Menschen als Reiter auf dem Rücken in Elim eintraf landete er direkt vor dem Tempel. Der Drachenreiter begab sich in Begleitung der Garde zum Großfürsten Ranjier von Hastar, um diesen zu einer Versammlung abzuholen, die den verschiedenen Parteien in Ban Larasch den Frieden untereinander verschaffen sollte, auf daß das Land gegen den dunklen Feind erstarken konnte. Der Drache jedoch blieb vor dem Tempel sitzen und sandte allen, die glaubten Gefühle der Liebe und Zuversicht entgegen. Doch der Drachenreiter kehrte allein zurück, der Großfürst hatte seinen Worten kein Gehör geschenkt und ihn hochmütig vor die Tür setzen lassen, wie einst Belmanara. Als diese davon erfuhr und die Worte des Drachen sie ermutigten, bot sie sich als Vertreter für das Volk der Feste Elim in der Versammlung an. Die Menschen jubelten und der Drachenreiter nahm die Priesterin mit auf die Golgat-Ebene, wo die Versammlung stattfinden sollte.

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Als Belmanara am Abend des Tages zurückkehrte, hatte die Versammlung sie dazu bestimmt, allen Menschen Ban Laraschs wieder den Glauben nahe zu bringen. Sie sollte einen neuen großen Orden gründen, in dem sich alle vereinen konnten. Filanor, bronzener Sohn Farinas, blieb vor Belmanaras Tempel sitzen, bereit sie zu jedem Ort in Ban Larasch zu bringen, damit sie leichter alle Bewohner des Landes erreichen konnte, um ihnen den Glauben an Ankalor zurück zu bringen.

So weihte sie noch in der selben Nacht Jona Fenderen zum neuen Priester ihres Tempels, und sogar Filanor sprach seinen Segen über Jona. Er sollte fortan diesen Tempel leiten, denn Belmanaras Aufgabe war von nun an eine weitaus größere. Sie sollte künftig oberste Glaubensführerin des ganzen Landes sein.

Die nächsten Wochen und Monate, in denen der Krieg tobte, waren die Zeit der ständigen Reisen für die junge Frau, doch das Feuer in ihr ständig aufs neue durch die Ritte auf Filanor gestärkt, gaben ihr die Kraft, auf daß sie weder schlafen noch rasten mußte. Leiden und Schrecken des Krieges öffnete die Herzen der Menschen für die Worte Belmanaras. In den Städten, in denen noch Tempel standen, weihte sie die Schreine mit der ewigen Flamme aufs neue und die Menschen strömten in die Tempel, um aus ihren Worten Trost und Zuversicht zu erhalten. Die Zuhörer trugen ihre Worte hinaus aus den Tempel, auf daß alle sie vernehmen konnten. Dort, wo es keine Tempel mehr gab, baute sie einfach kleine Schreine auf einen freien Platz und hielt Predigt. Kam sie aber das nächste mal an jenen Ort, so hatten die Menschen begonnen, an diesen Stellen neue Tempel aufzubauen und es waren hunderte, die ihren Worten lauschen wollten. Denen, die ihr ihre Herzen öffneten, spendeten ihre Worte Trost und Kraft. Kam sie ein drittes Mal, so erstrahlten die neuen Tempel in voller Blüte oder man hatte, trotz des Krieges, wenigstens Hütten um die kleinen Schreine herum aufgebaut. Filanor, der Drache war es, der tief in die Herzen der Menschen blickte und die Geeigneten heraussuchte, um sie ebenfalls ins Land zu entsenden, um Ankalors Worte zu verbreiten. So wußte Belmanara, wem sie für die neuen Tempel ruhigen Gewissens die Priesterweihe geben konnte.

Als der Krieg endlich beendet war, gab es in jeder Feste, in jeder Stadt einen Tempel und mindestens einen Priester und die Menschen, die wieder hinaus in ihre alten Dörfer und Höfe zogen, nahmen aus den Tempeln das heilige Feuer mit sich, um in ihren Häusern kleine Schreine zu entflammen. Im Gedenken an die Hilfe der Drachen und Ankalors, begannen die Menschen dort, wo Farina Belmanara einst den richtigen Weg wies, eine große Feste zu errichten, die zum Hauptsitz des Ordens der Bruderschaft des Ankalor, wie der Orden bald genannt wurde, werden sollte. Hier sollte auch der oberste Priester des Ordens weilen.

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Doch Belmanara hörte nicht auf zwischen den Tempeln zu reisen, denn all ihre Priester waren noch jung und brauchten Unterstützung und Anleitung, konnten aber auch nicht ihre Tempel für längere Zeit verlassen. So kam es, daß das Volk Belmanara Torges nur noch als die "Reisende" bezeichnete. Seit dieser Zeit trägt der oberste Führer der Priesterschaft immer den Titel "der Reisende".

Als Belmanara schließlich in hohem Alter starb, war ihre Aufgabe und ihr Leben erfüllt gewesen. Das Land reifte zu neuer Blüte im Einklang mit Ankalor heran, dessen Glaube wieder die Herzen der Menschen erreicht hatte. Der Drache Filanor blieb bis zum Tage Belmanaras Todes bei ihr und als sie schließlich starb, erhob er seine mächtige Stimme zum Trauergesang der Drachen und überall fielen die anderen Drachen in seinen Gesang ein. Seither ist immer einer der Drachen bei dem großen Haupttempel, den man überall nur das "Auge Ankalors" nennt. Dem "Reisenden" steht so immer ein Drache zur Verfügung, mit dem er zu jedem Ort in Ban Larasch reisen kann, den er sich wünscht, ohne viel Zeit zu verlieren.

Belmanara war ein Mensch wie es sie selten gibt. Sie war eine seltene Blüte am Stamme der Menschheit, die nur einmal blüht. Ich weiß es denn ich habe sie gekannt. Mein Freund Nalwyn te nel malcar ijol B'unjan steht den Menschen mit Mißtrauen gegenüber, aber Belmanara hätte er vorbehaltlos das Leben aller Männer, Frauen und Kinder unseres Stammes anvertraut. Die Menschen haben genug getan um Jahrtausende des Mißtrauens und der Vorsicht zu rechtfertigen, aber ein Mensch wie Belmanara zeigt mir,  daß das Volk der Menschen viel Gutes in sich trägt und vertrauenswürdig sein kann. Auch dürfen wir nicht vergessen, daß die Menschen in anderen Zeitspannen rechnen. Wenn der Untäter längst zu Staub zerfallen ist sollte man seinem Volk seine Schandtaten nicht vorwerfen.

Talwyn ku sal uhjanas te cal me z'unjan Hohepriester des Ganator

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